Aufgrund meiner Vorstellung einer permanenten Fotografie kaufte ich mir vor Jahren eine kleine Kompaktkamera, die mir die Möglichkeit gibt zu jeder Zeit und ohne Umwege Alltagssituationen festzuhalten. Dieser unauffällige Fotobegleiter brachte mich auf die Idee spontaner Straßenportraits mir begegnender Hunde. Es kam mir darauf an, den Gesichtsausdruck aus der Hundeperspektive festzuhalten. Ich hatte eigentlich nicht vor diese Bilder jemals zu vergrößern oder gar zu veröffentlichen. Doch beim Betrachten des über längere Zeit gesammelten Materials überraschte es mich, wie differenziert und intim sie waren. So kam es 1990 zu der ersten Ausstellung der Hundeportraits. Zu dieser Zeit waren es noch Schwarzweißvergrößerungen, doch bei späteren Aufnahmen benutzte ich ausschließlich Farbmaterial und das aus der Malerei stammende Miniaturformat. Meine Absicht war die Distanz zwischen dem Betrachter und dem abgebildeten Tier so klein wie möglich zu halten. Mit der wachsenden Zahl der Hundeaufnahmen wuchs auch die Neugier auf andere Haustierarten, denen man auf der Straße nicht begegnen kann. Mein neuestes Projekt beschäftigt sich ausschließlich mit Haustieren, die in der Stadt leben. Das Spannungsverhältnis von Mensch und Tier in beengten Wohnräumen, weit weg von der rauhen Wildheit der Ursprünge sowie das Profane des Alltags sind die Ausgangspunkte für meine Arbeit. Seit Herbst 1995 suche ich über regelmäßige Zeitungsannoncen auch andere Tierarten. Auf diese Weise erhalte ich Anrufe von Haustierbesitzern, die bereit sind ihre "Lieblinge" fotografieren zu lassen. Es kommt also zu Hausbesuchen, wo ich die Gelegenheit habe, die Tiere in ihrer vertrauten Umgebung zu fotografieren. Es ist mir nach wie vor ausgesprochen wichtig, die Tiere nicht allzulange zu belästigen. Ein paar Aufnahmen, die die Geduld des Tieres nicht strapazieren sollen, stellen mich zufrieden. Ein Teil der Künstlichkeit der Lebensumstände, in der diese Tiere leben, spiegelt sich in den durch überlagerte Filme zum Ausdruck gebrachte Farbverfremdungen wieder. Da ich keinerlei eigenes Licht benutze und nur mit der jeweils vorhandenen Beleuchtung arbeite, finden abhängig von der Farbtemperatur weitere Farbverschiebungen statt. Im sogenannten Crossverfahren werden Diafilme als Negativfilme entwickelt. Beim Fotografieren benutze ich selten den Kamerasucher, da es mir um nahe, einfühlsame Portraits geht, und ich das Tier durch meine ihm ungewohnte Körperhaltung nicht irritieren will. Das klassische 35mm - Objektiv der Reportagefotografie gekoppelt mit einer Amateurkamera stellt, auf diesem Hintergrund betrachtet, eine ebenso unspektakuläre Ausgangsituation dar wie das Halten von Haustieren selbst. Die Kamera bleibt meistens in meiner Hand, die ich dem Tier entgegenhalte, so wird sie zur Sonde, die für kurze Zeit in die Welt des Haustieres eintaucht. Auf diese Weise überlasse ich den Bildausschnitt der Kamera. In diese Bildkomposition greife ich auch nachträglich im Labor nicht mehr ein. Durch diesen Prozeß erbringt das Ablichten von Haustieren mittels einer relativ simplen Fototechnik ein unerwartetes Ergebnis. Aus den über Jahre gesammelten Bildern ist ein einzigartiges Haustierarchiv entstanden, das die unglaubliche Vielfalt der an der Seite des Menschen lebenden Tierarten festhält und mittlerweile über 400 Aufnahmen umfaßt. Dabei geht es nicht um reine Dokumentation. Ich will so weit es geht die "Seele" des Tieres sichtbar machen, einen Beweis seiner Existenz darlegen. Die meisten Hausbesuche hinterlassen bleibende Eindrücke, die genauso wichtig sind wie die Bilder selbst und deshalb fing ich an sie zu notieren. Es sind die unterschiedlichsten Erlebnisse die auf diese Art nicht verloren gehen sollten; ich werde um sechs Uhr morgens von einem Besitzer seltener Kanarienvögel geweckt, begegne den echten "Freaks" der Tierzüchtung, führe lange Gespräche über den Unterschied zwischen Haus- und Nutztieren. Nach der Ausstellung im Mal 1996 kam mir die Idee die Portralts und die dazugehörigen Texte in Buchform zusammenzubringen. Die Anonymität der Tiere uind deren Besitzer bleibt gewahrt, die kurz gefaßten Geschichten sollen die Atmosphäre der Begegnung wiedergeben. In der Zusammenarbeit mit einem Kölner Journalisten ist ein Fotobildband geplant, der einen einmaligen Einblick in die Welt der Haustiere erlauben wird. Gezeigt wird das Fremdwerden in der eigenen Welt; die Haustiere als Ausdruck einer anderen Seite des Menschen.

 

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Tomek Wozniakowski